Julius Wachter

Julius Wachter wurde am 20. November 1877 in Hall geboren. Er bekleidete von 1920 bis 1938 das Amt eines Oberförsters in Fieberbrunn, war jedoch während der Naziherrschaft in Österreich aus politischen Gründen in den Ruhestand versetzt worden. Nach der Befreiung trat er die Nachfolge des nationalsozialistischen Forstmeisters an. Gestorben ist Julius Wachter am 29. Juli 1955 in Fieberbrunn.

Am 20. Februar 1945 gründete Oberförster Julius Wachter, gemeinsam mit dem Zollwachtmeister Sepp Schwarzenbacher und dem E-Werk-Besitzer Johann Dandler, beide aus Fieberbrunn, sowie dem aus St. Jakob am Pillersee stammenden Schmiedemeister Felizian Steinacher die Widerstandsgruppe „Fieberbrunn und St. Jakob am Pillersee“. Mit der Führung der Widerstandsgruppe wurde der fronterfahrene Sepp Schwarzenbacher betraut.

Am Beginn des aktiven Widerstandes standen vorerst die Beschaffung von Waffen, Munition und Sprengstoff, die Werbung von verlässlichen Mitgliedern und die Kontaktaufnahme mit Widerstandsgruppen aus den Nachbarorten.
Der Widerstandsgruppe gelang es, mit Unterstützung des örtlichen Gendarmerie-Inspektors Wiesinger und des Zimmermeisters Leonhard Huetzt, sich Ende April 1945 bei einem in Fieberbrunn ankommenden Zug mit Eisenbahnflak, Handgranaten, Munition und sechs Maschinenpistolen inkl. Zubehör zu versorgen. Weitere Waffen, Panzerfäuste und zusätzliche Munition konnten bei Nacht aus LKWs gestohlen werden. Außerdem gelangte die Widerstandsgruppe durch einen Tausch noch in den Besitz zweier Maschinengewehre mit 5000 Schuss Munition. Nach dieser Waffenbeschaffungsaktion fühlte sich die Widerstandsgruppe „Fieberbrunn und St. Jakob am Pillersee“, für die inzwischen 23 weitere aktive Mitglieder gewonnen worden waren, stark genug, eine erste Aktion durchzuführen.

Man war entschlossen, ab 2. Mai die Eisenbahnbrücke über den Moosbach zu bewachen. Diese Brücke gehörte zu den größten in Tirol und sollte, Gerüchten zufolge, von den Nationalsozialisten gesprengt werden, um den Vormarsch der amerikanischen Armee zu stoppen. Obwohl eine etwa 120 Mann starke Einheit der Feldgendarmerie und zudem 30 SS-Pioniere in Fieberbrunn stationiert waren, gelang es der 12- bis 16-köpfigen Widerstandsgruppe, bewaffnet mit beiden Maschinengewehren, die Sprengung zu verhindern.
Drei Tage später, am 5. Mai 1945 um 23.30 Uhr sprengten Mitglieder der Widerstandsgruppe eine Panzersperre unterhalb der Moosbachbrücke, obwohl diese von einem Posten der SS-Pioniere bewacht war. Als dieser seine Stellung verließ, befestigten Schwarzenbacher und ein weiteres Mitglied der Widerstandsbewegung, Stefan Kapeller, eine Sprengladung an der Panzersperre. Die heftige Detonation zerstörte einen Großteil der Anlage. Ein Versuch, die Sperre durch einen zweiten Sprengstoffanschlag gänzlich zu zerstören, wurde von der Widerstandsgruppe nicht mehr unternommen. Die SS-Bewachung war nämlich verstärkt worden.
Am folgenden Tag, dem 6. Mai 1945 „kam es zu einer Revolte der Bauern. Ungeachtet der SS und Feldgendarmerie wurden die prominenten Ortsnazi zusammengetrieben und verhaftet“ (1). Dabei kam es auf beiden Seiten zu Ausschreitungen. Dennoch gelang es Schwarzenbacher und Wiesinger, wieder Ruhe herzustellen. Noch am selben Tag wurden, erstmals seit der Annexion 1938, wieder rot-weiß-rote Fahnen gehisst. „Später kam die offizielle Kapitulation durch. Randalierende SS-Leute versuchten ununterbrochen die Beflaggung zu zerstören, offene Gewalt anzuwenden oder planmäßige Verteidigung zu organisieren. Dazu fehlte es auch der SS am nötigen Einfluss, da eine zunehmende Demoralisierung innerhalb der Heereseinheit offensichtlich wurde“ (1).

Am 8. Mai 1945 trafen die ersten amerikanischen Truppen in Fieberbrunn ein. Bis dahin hatte die Widerstandsbewegung für Ruhe und Ordnung in Fieberbrunn gesorgt. Nach dem Eintreffen der Amerikaner nahm die Gruppe sofort Kontakt mit diesen auf, händigte ihnen ihre Waffen aus und bot die Zusammenarbeit an. So beteiligten sich die Widerstandskämpfer dann auch an der Verfolgung in die Berge geflüchteter SS-Angehöriger.

Die Fieberbrunner Widerstandsbewegung bestand aus einem festen Kern von 27 aktiven Mitgliedern. Aktiv in der Bewegung mitarbeiten durften nur Personen, die politisch absolut zuverlässig waren, „einwandfreie politische Gegner, die niemals der NSDAP angehörten“ (2). 20 Fremdarbeiter, Kriegsgefangene aus Serbien und der Ukraine, stellten sich ebenfalls der Widerstandsgruppe zur Verfügung. Weiters waren noch „15-20 Menschen als unterstützende Mitglieder“ (3) für die Bewegung tätig.

Julius Wachter war stets Gegner des Nationalsozialismus, „ein vom Naziregime schwer verfolgter Mann und überzeugter Österreicher“ (2). Als sich das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft abzuzeichnen begann, beschlossen er und drei weitere aufrechte Tiroler aktiv an der Befreiung ihrer Heimat mitzuwirken. Ihre relativ kleine, aber entschlossene Widerstandsbewegung übernahm in knapp einer Woche die Kontrolle in Fieberbrunn. Noch vor Eintreffen der amerikanischen Truppen war die nationalsozialistische Herrschaft in Fieberbrunn beendet und die führenden Parteigrößen des Ortes in Haft genommen worden. Eine Ausweitung der Befreiungsaktionen auch auf andere Gemeinden war leider nicht möglich gewesen, da der Plan, mit den Widerstandsgruppen der Nachbargemeinden Verbindung aufzunehmen, fehlschlug. Die Widerstandsbewegung sah sich daher gezwungen, von den benachbarten Bewegungen isoliert zu agieren. „Bei einer militärischen Aktion größeren Ausmaßes hätten sich diese Fehler als bestimmt verhängnisvoll erwiesen“ (4)

Oberförster Julius Wachter und seine Mitstreiter bewahrten ihre Heimatgemeinde vor einer möglichen sinnlosen Zerstörung, die durch die Verteidigung der verbliebenen deutschen Truppenteile entstanden wäre. Sie zeigten Mut und Entschlossenheit, als es darum ging, Fieberbrunn der „braunen Macht“ zu entreißen und waren stets von aufrechter österreichischer Gesinnung.

Quellenverzeichnis

  1. Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Zl. 7.804, Tätigkeitsbericht der Widerstandsgruppe Fieberbrunn und St. Jakob am Pillersee, Tirol, vom 12.4.1946, Seite 2 r
  2. ibidem, Seite 3 v
  3. ibidem, Seite 4 (Mitgliederliste)
  4. ibidem, Seite 3 r

Ergänzung von Hubert Kammerlander:

Laut persönlicher Auskunft seines Enkels, OFö i.R. Ing. Sigbert Wachter, musste Julius Wachter nach der Entlassung des nationalsozialistischen Forstmeisters Bachlhofer bis zur Bestellung eines parteipolitisch unbelasteten Nachfolgers von 9. Mai 1945 bis 20. Juli 1945 vorübergehend die Leitung der Forstverwaltung übernehmen.

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