Johann Ellinger

Johann Ellinger wurde am 17. März 1892 in Kirchbichl im Bezirk Kufstein geboren. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges war er landwirtschaftlicher Arbeiter. Dann wurde er zum Militärdienst eingezogen. Nach dem Krieg begann er als Holzarbeiter zu arbeiten. Gestorben ist Johann Ellinger am 6. August 1967 in Kirchberg (1).

Am 26. Juli 1944 wurde im 7. Senat des Oberlandesgerichtes Wien Anklage gegen Johann Ellinger wegen Unterlassung der Anzeigepflicht erhoben. Die Anklage bezog sich auf einen Besuch Ellingers bei dem befreundeten Ehepaar Simon und Hildegard Schiessl am späten Abend des 18. Oktober 1942. An diesem Tag hatte Simon Schiessl bereits Besuch von „Robby“ (Deckname) Uhrig aus Berlin und Franz Fiebiger aus Kirchbichl. Fiebiger und Schiessl waren als überzeugte Sozialdemokraten Gegner der herrschenden NS-Diktatur. Uhrig war in Deutschland Mitglied einer Gruppe Sozialisten. In Deutschland hätten sich viele Sozialdemokraten „zusammengefasst und stünden in enger Verbindung (2). Uhrig meinte, dass auch in Tirol solche Zellen sozialistisch gesinnter, aufrechter Menschen gebildet werden sollten.

Schiessl und Fiebiger sollten eine Gruppe Gleichgesinnter um sich scharen, um gerüstet zu sein, falls „die Verhältnisse immer schlechter würden und es dadurch sowie durch eine immer weitere Kreise ergreifende Kriegsmüdigkeit zu Unruhen und Ausschreitungen kommen könnte. Es sei dann Pflicht der Anwesenden, auf die Bevölkerung beruhigend einzuwirken und das Aufkommen derartiger Zwischenfälle möglichst hinauszuschieben. Wenn dann aber das höchste Maß erreicht ist und der Zustand sich nicht länger halten lasse, dann sei es ihre Pflicht als ehemalige Sozialdemokraten und Anhänger dieser Weltanschauung einzugreifen“ (2).
Noch bevor Schiessl und Fiebiger das an jenem Abend Gehörte in die Tat umsetzen konnten, erfolgte ihre Verhaftung. Uhrig war bereits vor diesem Treffen von der Gestapo überwacht worden. Schiessl erfuhr von der Bespitzelung durch die Gestapo und ließ Uhrig durch Fiebiger eine Warnung zukommen.
Simon Schiessl und Franz Fiebiger wurden nach dieser Besprechung wegen Vorbereitung zu einem „kommunistischen Hochverrat“ (3) angeklagt und zu drei und zweieinhalb Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust verurteilt. Hildegard Schiessl wurde wegen Beihilfe zum Hochverrat mit einem Jahr Gefängnis bestraft. Johann Ellinger wurde ebenfalls zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Im Gerichtsurteil heißt es:

„Bei Johann Ellinger liegt kein sicherer Beweis dafür vor, dass er am 18.10., als er Schiessl aufsuchte, bereits wusste, dass dort eine Versammlung mit hochverräterischen Zielen stattfindet. Er hat jedoch noch so viel gehört, dass er daraus erfuhr, dass diese Versammlung dem Vorhaben eines Hochverrates diene und daher die Pflicht gehabt, hievon der Behörde rechtzeitig Anzeige zu erstatten. Da er dies unterließ, hat er sich eines Vergehens gegen § 139 RSTGB schuldig gemacht“ (4).

Johann Ellinger musste ein Jahr im Gefängnis einsitzen, weil er nicht bereit war, für die Nationalsozialisten zum Denunzianten zu werden. Die Nationalsozialisten profitierten vom Denunziantentum und förderten es deshalb. Denn wieviel leichter war es, Anzeigen nachzugehen, als selbst Nachforschungen anzustellen. Viele Menschen unterstützten durch ihren Verrat das Spitzelsystem der Nationalsozialisten und somit die Gestapo. Die Denunzianten erwarteten sich Ehre und Belobigung für ihr Verhalten und brachten so viele Menschen vor NS-Gerichte oder in Konzentrationslager. Johann Ellinger wusste, wie er sich zu verhalten hatte, um „Mitmensch“ zu bleiben, auch als Gefahr drohte. Ellinger stellte seine Freundschaft und seinen Mut unter Beweis. Er nahm eher eine Gefängnisstrafe in Kauf, als Verrat zu begehen.

Quellenverzeichnis

  1. Taufbuch Gemeinde Kirchbichl
  2. Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Zl. 10.048, Seite 2
  3. ibidem, Seite 1
  4. ibidem, Seite 5
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