Hubert Mayr

Hubert Mayr wurde am 28. November 1913 in Innsbruck geboren. Er war der Sohn des vorangehend beschriebenen Karl Mayr aus dessen Ehe mit der ersten Frau Maria.

Hubert Mayrs Mutter war bei der Geburt mit ihrem zweiten Kind gestorben. Er wuchs überwiegend bei seinen Tanten in Innsbruck auf. Im Alter von 15 Jahren schickte ihn sein Vater zur Gärtnerlehre ins Rheinland. Dort kam Hubert Mayr zum Verdruss seines Vaters in Kontakt mit einer sozialdemokratischen Jugendgruppe und der Gewerkschaft. Sein fortan starkes politisches Engagement führte zu einem jahrelangen Zerwürfnis mit seinem tiefreligiösen Vater.

Zurück in Innsbruck wurde er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und der Baugewerkschaft und er trat dem Republikanischen Schutzbund bei. Nach dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei im Februar 1934 durch Bundeskanzler Dollfuß setzte er seine politische Arbeit illegal fort. Weil nach ihm gefahndet wurde, setzte sich Hubert Mayr nach Alpbach ab und arbeitete dort als Gärtner bei einem Gasthof.

Im Mai 1936 wurde er verhaftet, die Anklage erfolgte wegen Hochverrats und Betätigung für die Revolutionären Sozialisten. Sein Vater setzte sich trotz der Differenzen mit dem Sohn im Verfahren für diesen ein. Hubert wurde zu drei Monaten Haft verurteilt, nach einer allgemeinen Amnestie aber aus der Haft entlassen. Im Frühjahr 1937 absolvierte er auf Vermittlung seines Vaters in Rotholz die Ausbildung zum Waldaufseher.

Im Juli 1937 ist Hubert Mayr aus Tirol verschwunden. Er hatte sich heimlich nach Spanien abgesetzt, um in der Internationalen Brigade auf der Seite der spanischen Republik gegen den Putsch des faschistischen Generals Franco zu kämpfen. Nach kurzer Militärausbildung kam er im Oktober an die Front und erkrankte an Typhus. Wieder genesen kämpfte Hubert Mayr in einem Spezialbataillon und musste verwundet in ein Lazarett.

Nach massiver Unterstützung seitens Deutschlands und Italiens gewann 1938 der Faschist General Franco den Bürgerkrieg. Die Internationalen Brigaden wurden im September 1938 abgezogen, die Interbrigadisten flüchteten nach Frankreich.
Die vom Vater Karl Mayr geforderte Rückkehr lehnte Hubert ab, weil in Österreich mittlerweile die von ihm abgelehnten Nationalsozialisten an der Macht waren und er um seine Freiheit fürchtete.

Nach dem Überfall Deutschlands auf Frankreich meldete sich Hubert Mayr zur französischen Armee, nach deren Niederlage flüchtete er im Mai 1940 nach Nordafrika und arbeitete dort auf einem Landgut. Als 1942 die britische Armee in Nordafrika landete, meldete er sich sofort freiwillig und wurde als einer der ersten Österreicher in den britischen Kriegsgeheimdienst Special Operations Executive (SOE) aufgenommen.

Bei einer Sabotageaktion in Tunesien geriet Hubert Mayr in italienische Gefangenschaft. Nach acht Monaten Gefangenschaft gelang ihm die Flucht, nachdem die Alliierten in Italien gelandet waren. Hubert Mayr überschritt die Frontlinie zur britischen Armee und meldete sich wiederum für Spezialeinsätze. Er wurde der „Austrian Section“ bei der SOE zugewiesen. Sie hatte die Aufgabe, Widerstandskämpfer nach Österreich einzuschleusen.

Mitte August 1944 landete Hubert Mayr mit weiteren SOE-Mitarbeitern per Fallschirm bei den Partisanen in Friaul, nahe der Grenze zu Österreich. Er wurde vom Kärntner Widerstandskämpfer Georg Dereatti über die Karnischen Alpen bis nach Unterpirkach bei Oberdrauburg geführt, wo für ihn in einem Bauernhof Unterkunft und Verpflegung organisiert war. Nach zwei Wochen kehrte er nach Friaul zurück und erstattete seinem Verbindungsoffizier Bericht über die Lage in Österreich. Er befand, dass „die Österreicher apathisch ohne patriotischen Geist waren und sie Angst vor Repressalien der Nazis hatten“.

Doch Hubert Mayr ließ sich nicht entmutigen. In Osttirol und Kärnten galt es, ein Netz an Unterstützern aufzubauen. Über Helfer kam es zum Kontakt mit einer christlich-sozialen Gruppe von NS-Gegnern in Außervillgraten. Dort wurde eine Örtlichkeit gesucht und mit Koordinaten bestimmt, wo Mitte Oktober 1944 Waffen und Material abgeworfen werden sollten. Dazu kam es jedoch nicht mehr. Die Gruppe war verraten worden, Verhaftungen und regelrechte Treibjagden auf Deserteure inklusive Erschießungen folgten. Hubert Mayr und sein Partner Rudolf Moser, ein Kärntner Widerstandskämpfer, vermochten vor der Gestapo zu fliehen.

Vom Villgratental über das Drautal und den Weißensee wurden sie von vertrauenswürdigen Bauern weitergeleitet, bis sie schließlich Ende Oktober im Gebiet des Mittagskogels die Gailtaler Kompanie der slowenischen Partisanen erreichten. Sie stellten sich den Kommandanten der Gruppe als britische Offiziere vor und baten, dass man sie britischen Verbindungsoffizieren übergibt. Anfang November wurden Hubert Mayr und Rudolf Moser von Kurieren der Einheit zwar zum IX. Korps nach Cepovan hinter Gorizia gebracht. Sie wurden dort allerdings nicht wie gewünscht den britischen Verbindungsoffizieren übergeben, die normalerweise für die Evakuierung von Angehörigen ihrer Armee (etwa entflohene Kriegsgefangene, abgestürzte Fliegerbesatzungen, Fallschirmagenten Sonderkommandos) sorgten, sondern an die jugoslawische Geheimpolizei OZNA übergeben. Die Aufgabe dieser erst im Sommer 1944 gegründeten, strikt geheimen „Abteilung für den Volksschutz“ galt der Kontrolle der Partisanen sowie der Identifizierung von inneren und äußeren Feinden der Kommunistischen Partei Jugoslawiens. Hubert Mayr und Rudolf Moser wurden von der OZNA festgenommen, vom 11. bis 15. November 1944 verhört und dann geheim liquidiert, wie aus den Verhörprotokollen erst 2017 eindeutig rekonstruiert werden konnte. Der Charakter der Einvernahmen weist darauf hin, dass sie von der OZNA als Gefahr und politische Gegner betrachtet wurden, und zwar hinsichtlich der Strategien der Kommunistischen Partei Sloweniens, ihre territorialen und politischen Ziele beim Zusammenbruch der NS-Herrschaft im Alpen-Adria-Raum zu erreichen. Das waren damals nicht die einzigen politischen Morde der Jugoslawischen Kommunisten an britischen Agenten, wiewohl die deren Partisanenverbände gegen das Nazi-Regime massiv unterstützt hatten.

Eindeutig nachgewiesen werden konnte das Verschwinden von Hubert Mayr und Rudolf Moser erst 2017 im Wege einer intensiven Zusammenarbeit des österreichischen Historikers Peter Pirker mit slowenischen Kolleginnen und Kollegen im dortigen Staatsarchiv.

Quellenverzeichnis

  • Peter Pirker, „So geheim wie möglich“, Die Presse, 14.4.2018
  • Franz Koller, DI, Chronik des Tiroler Landesforstdienstes
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